Nazis blockieren…ist legitim!

Am 1. Mai wollen Nazis aus ganz Süddeutschland in Heilbronn aufmarschieren. Unter dem Motto „Fremdarbeiterinvasion stoppen! Arbeitsplätze zuerst für Deutsche!“ wollen sie ihre rassistische und faschistische Ideologie verbreiten.

Wir – ein breites Bündnis aus GewerkschafterInnen, politischen Parteien und Organisationen, Jugendvereinen und KünstlerInnen – rufen dazu auf, diesen Aufmarsch mit friedlichen Massenblockaden zu verhindern.

Nazis blockieren? Weder kriminell…

Obwohl der Gemeinderat in einer Resolution „Zivilcourage“ gegen Rechtsextremismus forderte, hetzen die Stadt Heilbronn und die Polizei seit Wochen gegen unser Blockadebündnis. Es wird behauptet, Sitzblockaden seien kriminell und gewalttätig und würden nicht vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit abgedeckt.

Die Polizeidirektion Heilbronn ließ sogar 20.000 Flugblätter und mehrere hundert Plakate drucken, auf denen Blockaden als „Mittel der Gewalt“ bezeichnet werden und vor „linksradikalen Gruppierungen“ gewarnt wird. Diese Parolen sind nicht nur diffamierend, sie sind auch schlichtweg falsch und juristisch nicht haltbar.

Gewaltfreie Blockaden sind seit Jahrzehnten eine weit verbreitete Aktionsform von BürgerInnen und sozialen Bewegungen – denken wir nur an die zahlreichen Aktionen der Friedensbewegung gegen die Aufrüstung oder auch den Protest gegen Stuttgart 21. Wurden in den 80er Jahren noch friedliche BlockiererInnen regelmäßig wegen „Nötigung“ verurteilt, ist dies seit einer Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 10. Januar 1995 nicht mehr ohne Weiteres möglich.

Erst vor wenigen Wochen wies das Bundesverfassungsgericht einen weiteren versuch zurück, friedliche Blockaden zu kriminalisieren: in seiner Entscheidung vom 30. März 2011 legte das höchste Gericht in der BRD fest, dass das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 Absatz 1 des Grundgesetzes auch Sitzblockaden mit einschließt.

Wörtlich heisst es in der Begründung des BVerfG u.a.: „Der Schutz ist nicht auf Veranstaltungen beschränkt, auf denen argumentiert und gestritten wird, sondern umfasst vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens bis hin zu nicht verbalen Ausdrucksformen, darunter auch Sitzblockaden.“ Die Behauptung von Stadt und Polizei, friedliche Blockaden seien „gewalttätig“ und „strafbar“, ist deshalb nicht nur politisch daneben, sondern auch eine Lüge!

…noch gewalttätig!

Der Titulierung von Sitzblockaden als „Gewalt“ widerspricht das BVerfG in seiner Entscheidung vom 30. März 2011 ausdrücklich.

Während die Heilbronner Polizisten und die Verantwortlichen in der Stadt alle als „Gewalt- und Straftäter“ bezeichnen, die sich den Nazis in den Weg stellen oder setzen, definiert das BVerfG ganz genau, ab wann Versammlungen nicht mehr als „friedlich“ gelten:

„Eine Versammlung verliert den Schutz des Artikel 8 Grundgesetz grundsätzlich bei kollektiver Unfriedlichkeit. Unfriedlich ist danach eine Versammlung, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit wie etwa aggressive Ausschreitungen gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten statt finden, nicht aber schon, wenn es zu Behinderungen Dritter kommt, seien diese auch gewollt und nicht nur in Kauf genommen.“

Friedliche Blockaden durch viele Tausende Menschen, wie wir sie am 1. Mai planen, sind also weder gewalttätig, noch kriminell!

Deshalb: Zivilcourage zeigen!

Die Hetze von Stadt und Polizei dient nicht dazu, aufzuklären, sondern sie soll abschrecken, kriminalisieren und letztlich den Nazis ihren Aufmarsch ermöglichen. Dass dabei auch noch für „gelebte Demokratie“ geworben wird, ist zynisch!

In einer lebendigen demokratischen Gesellschaft darf es keinen Platz für diejenigen geben, die Rassismus und Barbarei propagieren. Viele haben dies mittlerweile erkannt und haben deshalb in den letzten Jahren Naziaufmärsche durch Zivilen Ungehorsam verhindert – in Dresden, in Jena, in Köln, in Berlin. Und wir werden es am 1. Mai in Heilbronn tun! Wir lassen uns nicht kriminalisieren!

Wir brauchen ein mutiges und entschlossenes Engagement gegen Nazis, Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit – auch und gerade aus der Mitte der Gesellschaft. Dazu gehören auch Formen zivilen Ungehorsams, wie friedliche Blockaden, um den Nazis den öffentlichen Raum nicht zu überlassen. Derartige Blockaden sind weder „extremistisch“, noch kriminell, sondern sie sind legitim, erfolgreich und notwendig. Und es braucht auch und gerade das „Gesicht zeigen“ und die Beteiligung derjenigen, die Verantwortung tragen, in Stadt, Land und Bund gleichermaßen.“

(Astrid Rothe-Beinlich, MdL, Vizepräsidentin des Thüringer Landtags, parlamentarische Geschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen, Bundesvorstand und Frauenpolitische Sprecherin)

Gemeinsam die Nazis blockieren!

Heilbronn stellt sich quer


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