Gemeinsames Erinnern an Walter Vielhauer

Walter-Vielhauer-Gedenken-2016Mehr als 80 Menschen erinnerten am Abend des 9. Mai 2016 an den vor 30 Jahren verstorbenen Heilbronner Gewerkschafter und Antifaschisten Walter Vielhauer. Bei einer gemeinsamen Veranstaltung verschiedener Gruppen und Organisationen im Heilbronner Gewerkschaftshaus kamen ehemalige Weggefährten Vielhauers ebenso zu Wort wie junge Aktivisten. Ein Filmbeitrag aus den 1980er Jahren ließ die Erinnerung an den KZ-Überlebenden Vielhauer lebendig werden.

Im Bericht des Linken-Kreisverbandes Heilbronn heißt es:

In Heilbronn starb vor 30 Jahren Walter Vielhauer im Alter von 77 Jahren. Vielhauer war Buchenwald-Überlebender, Kommunist, Gewerkschafter und Kommunalpolitiker, er engagierte sich in der Friedensbewegung und war für viele politisch interessierte junge Heilbronner ein wichtiger Ansprechpartner. Eine außergewöhnliche Person. Doch außer der individuellen Erinnerung an Walter gab es in Heilbronn bisher nicht viel, was in den letzten 30 Jahren an ihn erinnerte.
Nun hat sich Konrad Wanner, von Walter Vielhauer in jungen Jahren politisch begeistert, an die Erinnerungsarbeit gemacht. Gemeinsam mit jungen Antifas und ehemaligen Mitstreitern begab er sich auf Spurensuche in und um Heilbronn. Im Gewerkschaftshaus präsentierte dieser Vielhauer-Kreis nun seine ersten Ergebnisse und brachten vergangene Spuren zu Tage, die teilweise erschreckend aktuell wirken. Wanner führte sachkundig und intelligent durch den Abend, an dem sich drei Redner an Vielhauer erinnerten und Lehren aus dessen Wirken zogen.
Als erstes sprach Heidi Scharf, IG Metall Bevollmächtigte in Schwäbisch Hall. Sie lernte Vielhauer in ihrer Zeit als Gewerkschaftssekretärin in Neckarsulm kennen und bezog ihn in die Bildungsarbeit der Gewerkschaftjugend ein. Besondes intensiv empfand sie als junge Gewerkschafterin die Berichte Vielhauers aus seiner Zeit in Zuchthaus und KZ. Vielhauer war als junger Antifaschist und Kommunist von den Nazis gejagt und weggesperrt worden. Folter und Hunger waren Begleiter in den KZs Dachau, Mauthausen und Buchenwald. In Buchenwald war Vielhauer Mitglied des Illegalen Lagerkomitees, das den 3jährigen jüdischen Jungen Jerschy Zweig vor den Nazis versteckte und das im April 1945 in einem bewaffneten Aufstand Buchenwald gegen die SS befreite.
Der zweite Referent des Abends war Dieter Keller, ehemaliger DKP-Bezirksvorsitzender von Baden-Württemberg, der Vielhauer als älteren Ratgeber schätzte. Er berichtete von der Nachkriegszeit, in der Vielhauer als Dezernent für Wohnungsfragen beim Aufbau Heilbronns beteiligt war. Eine Aufgabe, die im zerstörten Heilbronn von besonderer Bedeutung war. 1946 wurde Vielhauer, der KPD-Mitglied war, zum ersten Mal in den Heilbronner Gemeinderat gewählt und behielt sein kommunalpolitisches Engagement bis zu seinem Tod aufrecht. Er war auch Mitbegründer der Heilbronner ÖTV und Zeit seines Lebens engagierter Gewerkschafter. Keller beendete seinen Beitrag mit dem Aufruf, sich weiterhin für eine andere Welt im Sinne Vielhauers zu engagieren.
Ganz mit der aktuellen Situation beschäftigte sich der Redner der Organisierten Linken Heilbronn. Er wies auf die vielfältigen Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems hin, das soziale Verwerfungen in unserer Gesellschaft, aber auch Hunger und Krieg weltweit produziert. Gerade gegen die Flüchtlinge, die Opfer dieses Systems sind, wird nun verschärft Stimmung gemacht. Dagegen forderte der Redner ein gemeinsames Streiten von Alteingesessenen und Flüchtlingen, etwa für mehr bezahlbaren Wohnungsbau. Die Kämpfe von Vielhauer und anderen müssten durch eine Geschichte von links greifbar gemacht und weitergeführt werden.
Den Abschluss bildete ein Filminterview, das Vielhauer kurz vor seinem Tod einem Schülerprojekt gab. Darin schilderte Vielhauer seine Erlebnisse in KZ-Haft. Umrahmt wurden die Beiträge durch Lieder DER MARBACHER, die auch ein Walter-Vielhauer-Lied komponieren möchten.
Der Vielhauer-Kreis möchte weiterarbeiten und das Gedenken an Walter Vielhauer zugänglich machen. So war eine Forderung des Abends die Benennung einer Straße nach dem Heilbronner Widerstandskämpfer.

Die Organisierte Linke Heilbronn (IL) veröffentlichte ebenfalls einen kurzen Bericht zur Veranstaltung:

Am Montag, den 9. Mai 2016, haben im Heilbronner Gewerkschaftshaus über 80 Menschen an einer Veranstaltung in Erinnerung an den Kommunisten Walter Vielhauer teilgenommen. In den Reden von Heidi Scharf (IG Metall Schwäbisch Hall), Dieter Keller (DKP Baden Württemberg) und eines Vertreters unserer Gruppe wurde sowohl an das Leben und Wirken Walter Vielhauers erinnert, als auch der Bogen zu der heutigen aktuellen politischen Lage geschlagen. Gerade aus den gemachten Erfahrungen der alten Kämpfe lassen sich für die heutige Zeit wichtige Schlüsse ziehen. Deswegen ist es uns als Gruppe sehr wichtig, linke Geschichte festzuhalten, nachvollziehbar zu machen und die Geschichtsschreibung nicht den Herrschenden zu überlassen. Ohne Vergangenheit keine Zukunft. Mit der Veranstaltung ist für uns das Thema deshalb noch nicht vorbei. Wir wollen auch in den kommenden Monaten und Jahren gemeinsam mit vielen Anderen das Andenken an Walter Vielhauer pflegen und damit einen Teil der linken Heilbronner Geschichte aufarbeiten.

Hier gibt es außerdem alle Redebeiträge des Abends online zum Nachhören.

 

 


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